24. Oktober 2024

Neue Biomarker im Blut ermöglichen eine genauere Vorhersage und Erfassung des Fortschreitens der Multiplen Sklerose. Eine aktuelle Studie zeigt, dass Serumkonzentrationen von Glial Fibrillary Acidic Protein (sGFAP) und Neurofilament Light Chain (sNfL) unterschiedliche Krankheitsmechanismen widerspiegeln. Dies eröffnet die Möglichkeit, den Krankheitsverlauf präziser einzuschätzen und gezieltere Therapien zu entwickeln.

Ein Forschungsteam des Research Center for Clinical Neuroimmunology and Neuroscience Basel (RC2NB), des Department of Biomedicine (DBM) der Universität Basel, der Klinik für Neurologie des Universitätsspitals Basel (USB) und des DKF hat gemeinsam mit einem Konsortium internationaler Neurologen bedeutende Fortschritte bei der Erkennung und Vorhersage der Progression der Multiplen Sklerose (MS) gemacht. In einer neuen Studie, die in der Fachzeitschrift Annals of Neurology veröffentlicht wurde, konnten die Forschenden zeigen, dass zwei Biomarker im Blut – Glial Fibrillary Acidic Protein (sGFAP) und Neurofilament Light Chain (sNfL) – unterschiedliche Aspekte des Krankheitsverlaufs unter B-Zell-depletierenden Therapien* widerspiegeln.


Relevanz der Blutmarker sGFAP und sNfL

Beide Biomarker, die bei Patientinnen und Patienten unter B-Zell-Therapie gemessen wurden, könnten dabei helfen, das Risiko für eine schleichende Krankheitsprogression in Abwesenheit von akuten Schüben – bekannt als Progression Independent of Relapse Activity (PIRA)– besser vorherzusagen. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass erhöhte Werte von sGFAP stärker mit PIRA assoziiert sind als sNfL. Demnach könnte sGFAP besonders nützlich sein, um die Krankheitsprogression individuell besser zu erfassen und gezielter zu behandeln. 

Die Resultate sprechen auch dafür, sGFAP bei der Auswahl von Patientinnen- und Patienten und als potenziellen Endpunkt in klinischen Studien zur MS-Behandlung einzusetzen. Dies könnte die Anzahl der Teilnehmenden um bis zu 35% verringern und die Studiendauer verkürzen.


Basler Forschung wegweisend

Massgeblich initiiert von der DKF-Forschungsgruppe um Prof. Jens Kuhle, basieren die neuen Ergebnisse auf einem 2023 durch den Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderten Projekt, das die Entwicklung von Biomarkern zur personalisierten Erkennung und Prognose von Krankheitsaktivität bei MS zum Ziel hat. Die aktuellen Erkenntnisse erweitern dieses Wissen um die Kombination der Marker sGFAP und sNfL zur besseren Einschätzung der zukünftigen MS-Progression als ‘precision medicine’ Werkzeug.

Die Datengrundlage bildet die Schweizerische MS-Kohorte (SMSC), die seit 2012 von Basel aus initiiert und geleitet wird. Sie stellt eine der international grössten Datenbanken für klinische Forschung zu MS dar und bietet mit über 1950 Patientinnen und Patienten aus 8 Schweizer Zentren eine einzigartige Plattform für die MS Forschung.


Vielversprechende Möglichkeiten für die MS-Therapie

Diese Forschungsergebnisse bilden die Grundlage für Therapieansätze, die besser auf den individuellen Verlauf der Krankheit zugeschnitten sind. Regelmäßiges Monitoring mit diesen beiden Biomarkern könnte ein entscheidender Schlüssel zur Verbesserung der Lebensqualität von MS-Patientinnen und -Patienten sein.

 

Hirnscan

*B-Zell-Depletionstherapie

B-Zell-Depletionstherapien sind eine Form der Immuntherapie, die darauf abzielt, spezifische Zellen des Immunsystems, die sogenannten B-Zellen, in ihrer krankheitsfördernden Funktion bei MS zu hemmen. B-Zellen sind eine Gruppe weißer Blutkörperchen, die eine Schlüsselrolle im Immunsystem spielen, insbesondere bei der Produktion von Antikörpern.

Der Vorteil dieser Behandlung liegt darin, dass sie spezifisch auf die B-Zellen abzielt, ohne das gesamte Immunsystem zu unterdrücken, was die Nebenwirkungen im Vergleich zu anderen Therapien verringern kann.