7. November 2024
Bleibender Lymphknotenbefall bei Brustkrebs nach Chemotherapie: Operative Entfernung nicht immer angezeigt
Befallene Lymphknoten in der Achselhöhle sind meist das erste Anzeichen für die Streuung einer Brustkrebserkrankung. Viele Betroffene erhalten deshalb vor der Operation eine Chemotherapie. Wenn der Befall der Lymphknoten dadurch nicht beseitigt wird, ist die Antwort häufig eine grossräumige Ausräumung der Achselhöhle. Ob dieser radikale operative Eingriff auch wirklich nötig ist, wenn nur noch vereinzelt Tumorzellen in den Lymphknoten der Achselhöhle nachweisbar sind, untersuchte eine neue Studie.
Diese nun im Journal of Clinical Oncology erschienene Arbeit hat erstmals das Ausmass des Lymphknotenbefalls bei Patientinnen erhoben, bei denen nach neoadjuvanter Chemotherapie noch isolierte Tumorzellen in den Lymphknoten der Achselhöhle festgestellt werden. Die Studie untersucht auch, welchen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung solch verbleibende Tumorzellen haben. Dabei wurden Daten von Patientinnen mit und ohne Ausräumung der Achselhöhle, der sogenannten Axilladissektion, verglichen.
Erkenntnisse dank Routinedaten und Netzwerk
Das internationale Oncoplastic Breast Consortium unter der Leitung von Prof. Walter P. Weber konnte klinische Behandlungsdaten von 583 Patientinnen aus 62 Behandlungszentren in 18 Ländern auswerten und auf diesem Weg wertvolle Forschungsergebnisse liefern. Die Daten stammen von Diagnosen und Behandlungen aus dem Zeitraum März 2018 bis Mai 2022. Somit beträgt die durchschnittliche Nachbeobachtungszeit etwas über 3 Jahre.
Geringe Tumorlast
Bei rund einem Drittel der Patientinnen wurde eine Axilladissektion durchgeführt. Bei wiederum dreissig Prozent von ihnen wurden zusätzliche befallene Lymphknoten in der Achselhöhle festgestellt. Ein relativ geringer Anteil von nur 5 Prozent der Patientinnen hatte Makrometastasen entwickelt.
Keine Vorteile durch Axilladissektion
Die 5-Jahres-Rate für das Wiederauftreten des Tumors in der Achselhöhle lag bei etwa einer unter 20 Patientinnen. Diese Wahrscheinlichkeit war für alle Patientinnen vergleichbar gross, unabhängig davon, ob sie eine Axilladissektion erhalten hatten oder nicht. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Tumor nach 5 Jahren irgendwo im Körper wieder auftritt, war in beiden Gruppen vergleichbar gross und lag bei knapp 20 Prozent.
Diese Ergebnisse sprechen gegen den standardmässigen Einsatz der Axilladissektion für Patientinnen, bei denen nach neoadjuvanter Chemotherapie nur noch wenige vereinzelte Tumorzellen in den Lymphknoten der Achsel vorhanden sind.
ICARO-Studie
Lymphknotenbefall und Nutzen von Axilladissektion nach neoadjuvanter Brustkrebs-Chemotherapie
Eine retrospektive OPBC-Studie
Leitung
Prof. Walter P. Weber, Chefarzt Brustchirurgie, Leiter Departement Brust, Bauch und Becken, Universitätsspital Basel
Studiendesign
Internationale retrospektive Kohortenstudie
Studienzentren
62 Zentren in 18 Ländern
Patientinnen
583 mit Brustkrebs-Diagnose und Vorhandensein von lediglich isolierten Tumorzellen in den axillären Lymphknoten nach neoadjuvanter Chemotherapie
DKF-Services
Projektmanagement, Regulatorik
Zur Originalpublikation
Nodal Burden and Oncologic Outcomes in Patients With Residual Isolated Tumor cells After Neoadjuvant Chemotherapy (ypN0i+): the OPBC-05/ICARO study
Zur Originalpublikation
Weitere Informationen
Oncoplastic Breast Consortium (OPBC)
«Die Ergebnisse unserer aktuellen Studie zeigen, dass wir gewissen Patientinnen die Last einer schwerwiegenden Operation mit möglichen anhaltenden Nebenwirkungen ersparen können.»
Prof. Walter P. Weber, Studienleiter, ärztlicher Departementsleiter und Chefarzt der Brustchirurgie am Universitätsspital Basel