17. Januar 2025

Eine aktuelle Studie der DKF-Forschungsgruppe von Prof. Jens Kuhle in Kollaboration mit Prof. Jan Lünemann von der Universität Münster unter der Erstautorenschaft von Dr. Johanna Oechtering untersuchte die Rolle der Komplementaktivierung bei der Multiplen Sklerose (MS) und deren Zusammenhang mit strukturellen Hirnschäden. Die Ergebnisse der Studie könnten möglicherweise für einen gezielteren neuen Therapieansatz von Nutzen sein.

Die Studie, die auf Daten aus der Schweizerischen MS-Kohorte (SMSC) beruht, ist kürzlich in der Fachzeitschrift «Neurology Neuroimmunology and Neuroinflammation» erschienen. Es konnte in einer Längsschnittstudie gezeigt werden, dass erhöhte Spiegel aktivierter Komplementproteine in der Liquor bei MS-Patienten mit strukturellen, im MRI sichtbaren Hirnschäden, korrelieren. Darüber hinaus wurde ein Zusammenhang zwischen der Komplementaktivierung und dem Biomarker «Glial fibrillary acidic protein» (GFAP) beobachtet. GFAP ist ein neuer Biomarker, der mit dem chronischen Krankheitsverlauf der MS in Zusammenhang steht.

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Komplementaktivierung nicht nur ein Marker für Krankheitsschwere sein kann, sondern möglicherweise auch eine Schlüsselrolle insbesondere bei den neurodegenerativen Prozessen von MS spielen könnte. Somit legt die Studie nahe, dass therapeutische Ansätze, die auf das Komplementsystem abzielen, das Potenzial haben könnten, die Behinderungsprogression bei MS-Patienten zu verlangsamen.

Bereits 2024 publizierte die Forschungsgruppe in derselben Zeitschrift Ergebnisse aus dem Projekt, die zeigten, dass eine erhöhte Komplementaktivierung mit dem Schweregrad der MS - gemessen anhand anerkannter Scores («Expanded Disability Status Scale» (EDSS) und «MS Severity Score» (MSSS)) sowie dem Biomarker Neurofilament light chain (NfL) - assoziiert ist. Diese Publikation wurde kürzlich von der Europäischen Charcot-Stiftung als eine der «10 einflussreichsten Studien 2024» im Bereich MS ausgewählt. 

Zusammenfassend liefern die publizierten Ergebnisse wertvolle Einblicke in die komplexen immunologischen Mechanismen der MS und unterstreichen die Bedeutung der Komplementaktivierung als möglichem Ansatzpunkt für zukünftige therapeutische Interventionen. Die Ergebnisse könnten dazu beitragen, die klinische Überwachung und die Behandlung von MS zu verbessern und neue Wege zur Bekämpfung der Krankheit zu eröffnen.

 

two doctors talk about an MRI brain scan

Was ist die Komplementaktivierung?

Hintergrundinformation

Die Komplementaktivierung ist ein zentraler Bestandteil der Immunantwort, bei dem eine Gruppe von über 30 Proteinen, bekannt als Komplementsystem, aktiviert wird. Diese Proteine zirkulieren im Blut und in Körperflüssigkeiten und spielen eine entscheidende Rolle im Schutz des Körpers vor Infektionen.

Eine fehlerhafte Komplementaktivierung kann mit verschiedenen Krankheiten, einschliesslich Autoimmunerkrankungen und Entzündungsprozessen wie bei MS, in Verbindung stehen.