31. Oktober 2022

Zum dritten Mal in Folge erhält Jens Kuhle, Leiter des Multiple Sklerose-Zentrums am Universitätsspital Basel und DKF/DBM Forschungsgruppenleiter, ein SNF-Projektfördergrant für die Entwicklung von Biomarkern zur personalisierten Erkennung und Prognose von Krankheitsaktivität bei Multipler Sklerose (MS).


Diese neuerliche Auszeichnung unterstreicht die Wichtigkeit der Forschung in diesem Bereich und zeigt das Potenzial von Forschungskohorten wie der Schweizerischen MS-Kohorte (Swiss MS Cohort, SMSC) auf. Auch beim diesjährigen Kongress des «European Committee for Treatment and Research in Multiple Sclerosis» in Amsterdam war die Gruppe von Basler Forschenden aus dem MS-Zentrum, der Neurologie und dem Research Center for Clinical Neuroimmunology and Neuroscience (RC2NB) mit ihren Themen sehr präsent. Sie lieferten über 60 Beiträge und zahlreiche Vorträge, darunter besonders erwähnenswert der «Young Investigator Awards» für Stephanie Meier, PhD Studentin der Klinischen Neuroimmunologie am DBM, DKF und Neurologie, für die beste Präsentation mit dem Titel «Serum glial fibrillary acidic protein compared with neurofilament light chain as biomarker for multiple sclerosis disease progression».


Der erste Biomarker findet Anwendung in der klinischen Praxis 

Mit der Etablierung des Biomarkers «Neurofilament light chain (NfL)» als standardisierten, einfach im Blut messbaren Marker für neuronale Schädigungen hat die Forschungsgruppe um Prof. Jens Kuhle, erst kürzlich neue Massstäbe für präzisere und personalisierte Therapieentscheidungen gesetzt. Ihre Arbeiten, die im März im Fachjournal The Lancet Neurology publiziert wurden, zeigen, dass ein Teil der Patientinnen und Patienten mit scheinbar stabilem Krankheitsverlauf trotzdem hohe NfL-Werte aufweist. Diese Personen zeigen im Folgejahr mehr klinische und bildgebende Krankheitsaktivität. NfL, so konnte geschlossen werden, detektiert den Krankheitsverlauf frühzeitig und sensitiver und ermöglicht es folglich, Fälle zu identifizieren, die langfristig und eher unbemerkt Behinderungen entwickeln können. Diese Patientinnen und Patienten können nun aufgrund des neuen prognostischen Messwertes NfL zielgerichteter und vorausschauend therapiert werden.


Krankheitsmechanismen besser verstehen und neue Biomarker entwickeln

NfL bildet allerdings nur einen Teil der Pathogenese von MS ab. Um ein vollständigeres Bild der Krankheitsmechanismen zu erhalten, braucht es deshalb weitere Biomarker. Ein solcher ist «Glial fibrillary acidic protein (GFAP)», ein überwiegend für Astrozyten spezifisches Zytoskelett-Protein, dessen Blutwert als Folge einer Zunahme der Aktivierung von Astrozyten oder aber deren Untergang erhöht ist. Astrozyten spielen eine zentrale Rolle bei neurodegenerativen Prozessen und damit bei der Behinderungsprogression. GFAP bietet sich somit als Biomarker für die Progression von MS an. Im nun vom SNF geförderten Forschungsprojekt geht es darum, die Zusammenhänge zwischen GFAP und der Entwicklung von Hirnläsionen sowie Hirnatrophie besser zu verstehen und das prognostische Potential dieses Markers für zukünftige Progression der MS-bedingten Behinderung zu untersuchen und damit GFAP als im Blut messbaren Wert für die Anwendung in Klinik und Forschung zu etablieren.


Die Datengrundlage

Die Schweizerische MS-Kohorte, die seit 2012 von Basel aus initiiert und geleitet wird, bildet für derartige Biomarker-Forschung auch im internationalen Quervergleich einzigartige Voraussetzungen. SMSC ist eine der international grössten Datenbanken für klinische Forschung zu MS und umfasst Daten von über 1600 Patientinnen und Patienten aus 8 Schweizer Zentren. Sie dokumentiert Informationen von über 11 000 Visiten und knapp 4500 Krankheitsschüben und umfasst rund 6500 standardisierte und evaluierte MRI-Untersuchungen.